Der Soziologe und Generationenforscher Klaus Hurrelmann hat sich für einen sozialen Pflichtdienst für Senioren "am Ende ihres Arbeitslebens" ausgesprochen.
"Von den Jungen zu erwarten, dass sie im Ernstfall allein das Land verteidigen, ist nicht gerecht", sagte der 81-Jährige dem "Spiegel". Vielmehr sollten gesellschaftliche Aufgaben wie die Stärkung der Verteidigungsfähigkeit von allen Generationen getragen werden.
Alternativ sei denkbar, das Alter für den Renteneintritt flexibel zu halten, sagte der Soziologieprofessor: "Wer fit ist, könnte durchaus länger arbeiten. Mit 65 - oder oft genug schon mit 63 - sind die Leute plötzlich nur noch Privat- und Urlaubsmenschen. Was ist denn das für ein Konzept?"
Aktuell litten viele junge Menschen unter den politischen, gesellschaftlichen und persönlichen Krisen, sagte Hurrelmann. "Da ist eine Ohnmacht, ein Gefühl von Überwältigung." Verschiedene Studien zeigten ein hohes Maß an subjektiv empfundener Belastung, Stress, Angst sowie eine Zunahme an psychischen Störungen. "Jung sein ist heute sehr anstrengend", sagte der 81-Jährige.
Einen Teil der Verantwortung sieht der Generationenforscher in der Erziehung: "Viele Eltern haben ihre Kinder zu sehr in Watte gepackt und vor allen Gefahren beschützen wollen." Gleichzeitig seien manche Eltern selbst überfordert von den aktuellen Ereignissen. Er schätze, dass ein Drittel "erschöpft und am Rande ihrer Möglichkeiten" sei.
Hurrelmann ist Professor für Public Health and Education an der Hertie School of Governance in Berlin. Viele Jahre lang verantwortete er die Shell-Jugendstudie.