Der Spitzenkandidat der Grünen bei der baden-württembergischen Landtagswahl, Cem Özdemir, hat das Verhältnis der Landes- zur Bundespartei mit dem Verhältnis der CSU zur CDU verglichen und zugleich eine Lanze für den aus der Partei ausgetretenen Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer gebrochen.
"Erstmal werde ich super unterstützt von meiner eigenen Partei hier in Baden-Württemberg", sagte er dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland". "Sie haben mich mit 97 Prozent zum Spitzenkandidaten gewählt. Ich glaube nicht, dass die Grünen anderswo schon mal solche Ergebnisse hatten. Außerdem fühle ich mich pudelwohl mit einem Ministerpräsidenten, der seit 15 Jahren eine Politik macht, die das ganze Land im Blick hat. Damit steht er in einer langen Tradition. Denken Sie an Namen wie Fritz Kuhn, Biggi Bender oder Reinhard Bütikofer."
"Ihren Kurs will ich fortsetzen - einen Kurs, der Ökologie nicht im Gegensatz zur Wirtschaft betrachtet und verinnerlicht hat, dass der ländliche Raum anders tickt als die Stadt und das Thema Sicherheit ein Grundbedürfnis der Menschen ist", so Özdemir. "Man könnte scherzhaft sagen, wir sind in Baden-Württemberg so ein bisschen die CSU der Grünen."
Mit Blick auf den von vielen Grünen oft und scharf kritisierten einstigen Parteifreund Palmer sagte der ehemalige Parteivorsitzende: "Boris Palmer ist ein überaus erfolgreicher Oberbürgermeister in Tübingen. Er hält das, was andere versprechen: in Sachen Ökologie, in Sachen Verkehrspolitik, in Sachen Wohnungspolitik. Er macht da einen glänzenden Job. Ich bedauere sehr, dass er sich durch unnötige Facebook-Schlachten nachts um 24 Uhr selbst den größten Schaden zugefügt hat."
Er stimme sich mit Palmer jedenfalls eng ab, wenn es um das Thema funktionierender Staat oder die Rolle der Kommunen gehe. "Da ist er mir ein wichtiger Ratgeber - übrigens auch andere Bürgermeister im Land, weil sie am besten wissen, was die Menschen vor Ort bewegt." Das Thema Mitgliedschaft stelle sich aktuell für beide Seiten nicht.
Dass Palmer kürzlich mit dem Spitzenkandidaten der Südwest-AfD, Marcus Frohnmaier, öffentlich diskutierte, kommentierte Özdemir mit den Worten: "Ich habe die Veranstaltung nicht selbst erlebt. Aber nach dem, was ich darüber gelesen habe, hat er dem AfD-Kandidaten ja gut Kontra gegeben. Davor hab ich Respekt."