Der Politologe Wolfgang Schroeder sieht für die SPD nach 100 Tagen in der Regierung mit der Union ein akutes Absturzrisiko.
"Es ist für die SPD extrem schwierig, wahrnehmbar zu werden und Kompromisse zu schließen", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung". "Die Gefahr, dass die Sozialdemokraten unter zehn Prozent rutschen, ist definitiv nicht gebannt" so der Wissenschaftler, der bis 2024 Mitglied in der SPD-Wertekommission war.
Es müsse gelingen, bei den anstehenden Sozialreformen und Einschnitten eine Symmetrie hinzubekommen. "Es darf nicht der Eindruck entstehen, diese Regierung belaste die Schwachen und entlaste die Starken", sagte er mit Blick auf den von Kanzler Friedrich Merz ausgerufenen Herbst der Reformen. Es brauche eine "klarer sozialdemokratisch profilierte Sozialpolitik in Zeiten der neuen Knappheit", so der Politologe. "Würde Bärbel Bas eine neue Reformpolitik ermöglichen, könnte es auch zu einer besseren Verteilung der Lasten zwischen Lars Klingbeil und Bas kommen."
Außerdem müsse die Führung, "um die SPD zu retten und ihr neues Selbstbewusstsein zu geben, die Partei gesellschaftspolitisch wieder erkennbar machen, in klarer Abgrenzung zur Union", sagte Schroeder weiter. "Friedrich Merz kann dafür ein kongenialer Partner sein. Denn er selbst ist ein öffentlicher Konfliktpolitiker, er will die Auseinandersetzung in die Mitte ziehen, ganz anders als Angela Merkel und Olaf Scholz, und das ist eine große Chance." Merz` Botschaft laute: "Die Koalition ist das Zentrum der Macht, hier werden die relevanten Diskurse geführt." Das müsse die SPD nutzen.