30.10.2025 - 11:20 Uhr

Gutachten zu vermuteten Behandlungsfehlern auf Vorjahresniveau

Der Medizinische Dienst hat im Jahr 2024 bundesweit insgesamt 12.304 fachärztliche Gutachten zu vermuteten Behandlungsfehlern erstellt.

Die Gesamtzahl bewege sich auf etwa dem gleichen Niveau wie in den Vorjahren, teilte die Expertenorganisation am Donnerstag in Berlin mit. In 26,8 Prozent der Fälle (3.301) stellten die Gutachter einen Behandlungsfehler mit Schaden fest. Das ist etwas mehr als im Vorjahr (2023: 3.160). In 23 Prozent der Fälle (2.825) konnte der Medizinische Dienst nachweisen, dass der Behandlungsfehler ursächlich für den erlittenen Schaden war. Auch hier ist eine Zunahme feststellbar (2023: 2.679). Nur dann, wenn die Kausalität nachgewiesen ist, haben Patienten Anspruch auf Schadenersatz. Wenn Behandlungsfehler passieren, werden nicht nur Patienten geschädigt: "Es entstehen auch enorme Kosten im Gesundheitssystem, weil Folgeuntersuchungen, erneute Operationen und Nachbehandlungen notwendig sind", sagte Stefan Gronemeyer, Vorstandsvorsitzender des Medizinischen Dienstes Bund. "Daher muss es gesundheitspolitisches Ziel sein, die Patientensicherheit zu verbessern." Eine wichtige Maßnahme wäre die Verpflichtung der Ärzte und anderer Gesundheitsfachkräfte, Patienten umgehend zu informieren, wenn bei einer Behandlung etwas schiefgelaufen ist. Zudem sollten systematische Präventionsmaßnahmen umgesetzt werden. Voraussetzung dafür wäre ein obligatorisches, sanktionsfreies Meldesystem für vermeidbare Schadensereignisse, sogenannte "Never Events". Schaut man sich die Behandlungsfehlervorwürfe nach Sektoren an, so kommt man zu folgenden Ergebnissen: Zwei Drittel der Vorwürfe (7.960) beziehen sich auf Behandlungen in der stationären Versorgung, zumeist in Krankenhäusern. Ein Drittel der Vorwürfe (4.312) ist dem ambulanten Bereich zuzuordnen. Wesentliche Ursache für diese Verteilung ist, dass sich die meisten Behandlungsfehlervorwürfe auf operative Eingriffe beziehen. Da Operationen vorwiegend in Kliniken stattfinden, sind stationäre Fälle häufiger von einem Behandlungsfehlerverdacht betroffen als Eingriffe im ambulanten Bereich. 29,8 Prozent aller Vorwürfe (3.664 Fälle) bezogen sich auf Orthopädie und Unfallchirurgie; 11,5 Prozent auf Innere Medizin und Allgemeinmedizin (1.402 Fälle); 8,9 Prozent auf Frauenheilkunde und Geburtshilfe (1.097 Fälle). 8,4 Prozent der Vorwürfe fielen auf Zahnmedizin (1.040 Fälle); 7,9 Prozent auf die Allgemein- und Viszeralchirurgie (971 Fälle) und 6,7 Prozent auf die Pflege (827 Fälle). 26,8 Prozent der Vorwürfe entfielen auf 29 weitere Fachgebiete. Bei knapp zwei Drittel (63,0 Prozent) der begutachteten Fälle sind vorübergehende Schäden entstanden - wie bei dem Mann mit dem Oberarmbruch. Das heißt, weitere Interventionen sind notwendig oder ein Krankenhausaufenthalt wird verlängert. Die Patienten sind jedoch wieder genesen. Bei einem knappen Drittel (32 Prozent) der begutachteten Fälle wurde ein Dauerschaden verursacht. Dabei unterscheidet man zwischen leichten, mittleren und schweren Schäden. Ein leichter Dauerschaden kann zum Beispiel eine geringe Bewegungseinschränkung oder eine Narbe sein. Ein mittlerer Dauerschaden kann eine chronische Schmerzsymptomatik, eine erhebliche Bewegungseinschränkung oder die Störung einer Organfunktion bedeuten. Ein Behandlungsfehler kann auch so schwer sein, dass lebensrettende Maßnahmen notwendig werden. In 2,7 Prozent der Fälle (75 Fälle) hat ein Fehler zum Versterben des Patienten geführt oder wesentlich dazu beigetragen.