Bundesbauministerin Verena Hubertz (SPD) sieht eine Trendwende beim sozialen Wohnungsbau.
"Der soziale Wohnungsbau funktioniert gerade sehr gut, weil der normale Markt zusammengebrochen ist", sagte sie dem "Interview der Woche" der ARD am Freitag. "Dass ein freier Investor gerade große Projekte realisiert - da sehen wir einen gewissen Rückgang, weil die Kosten dermaßen gestiegen sind."
Der Bund will für Sozialwohnungen eine Rekordsumme von 21,65 Milliarden Euro bis zum Jahr 2028 an die Länder zahlen. Aus Sicht von Bauministerin Hubertz geht dieses Konzept auf, die Programme würden abgerufen. Die Bundesländer fördern den sozialen Wohnungsbau mit derselben Summe, die der Bund gibt - also weitere 21,65 Milliarden. "Das ist der Moment, wo wir langsam zu einer Trendwende kommen", sagte Hubertz.
Aus Sicht des Deutschen Mieterbundes muss die Politik noch mehr tun. Er verweist darauf, dass sich die Zahl der Sozialwohnungen seit 2006 fast halbiert habe. Bundesweit liege die Zahl bei rund 1,1 Millionen, dabei hätten mehr als elf Millionen Haushalte Anspruch auf eine Sozialwohnung, erklärte der Mieterbund Ende Juni auf dem Mietertag in Rostock.
Hubertz verteidigte ihre Pläne, dass Kommunen künftig für bestimmte Bauprojekte keine neuen Bebauungspläne mehr erstellen müssen. Die baupolitische Sprecherin der Linken-Fraktion, Katalin Gennburg, hatte der Bauministerin zuvor vorgeworfen, dass dies zu weniger Mitbestimmungsmöglichkeiten von Anwohnern führe. Hubertz wehrte sich gegen diesen Vorwurf. "Ich stärke die demokratische Beteiligung. Weil die Kommune künftig nicht einem Katalog aus Berlin folgen muss, was sie alles zu bedenken und zu beachten hat. Die Kommune kann sagen: `Ich möchte die Bürgerbeteiligung dabeihaben.` Der Bau-Turbo ist schnell, aber nicht kopflos."
Auch bei Umweltverträglichkeitsprüfungen würden keine Abstriche gemacht, städtische Grünflächen seien nicht in Gefahr, sagte sie. Diese Bedenken hatten Grüne und Umweltschutzverbände geäußert.
Hubertz kritisierte den Start der neuen Regierungskoalition. "Das waren jetzt ein paar Dinge, die suboptimal gelaufen sind", sagte die SPD-Politikerin mit Blick auf die gescheiterte Wahl der Verfassungsrichter und die unterschiedlichen Positionierungen innerhalb der Regierungsparteien beim Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern. "Nach außen kann man den Eindruck haben: Es ruckelt und es gibt Streit", so Hubertz. Die Hauptschuldigen dafür sieht die Ministerin aber nicht im Kabinett: "Ich glaube, einige Fragen muss man eher mal den Fraktionen stellen als der Regierung."
Die bisherige Bilanz der neuen Bundesregierung bewertet Hubertz dennoch positiv. "Wir kriegen richtig was hin. Wir haben schon über 60 Vorhaben in den ersten 70 Tagen auf den Weg gebracht. Dinge, die in der Ampel nie funktioniert haben." Als Beispiel nennt die SPD-Politikerin den Investitionsbooster von Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) den sogenannten Bau-Turbo. Das Gesetz dazu war noch vor der Sommerpause in den Bundestag gekommen und soll im Herbst endgültig beschlossen werden.