27.12.2025 - 13:14 Uhr

Juli Zeh hält Brandmauer für gescheitert

Die Schriftstellerin und Juristin Juli Zeh hält die "Brandmauer" genannte Abgrenzung der liberaldemokratischen Parteien zur rechten AfD für gescheitert.

"Der Versuch, mit der Brandmauer die AfD kleinzuhalten, hat in den letzten zehn Jahren nichts gebracht", sagte Zeh der "Wochentaz". "Die Prozente der AfD steigen ja immer weiter." Zudem könne man etwa in Brandenburg keine Verfassungsrichter mehr wählen ohne die AfD, die über eine Sperrminorität verfügt. "Wählen wir dann keine Verfassungsrichter mehr?", fragte Zeh. Zu einem AfD-Verbotsverfahren sagte sie: "Wenn Sie einen halbwegs cleveren AfD-Funktionär fragen, was auf seinem Wunschzettel für 2026 steht, dann sagt der wahrscheinlich: Ich wünsche mir ein Verbotsverfahren. Allein der Versuch, sie zu verbieten, würde der AfD krass nutzen." Generell warnt die Bestsellerautorin ("Unterleuten", "Zwischen Welten") vor Alarmismus. "Wenn man sagt, die Apokalypse droht, wer hat dann noch Zeit für Demokratie und Liberalismus? Das befördert den Erfolg von Rechtspopulisten", sagte sie der "Wochentaz". Damit meine sie auch den Journalismus. "Das gilt für jeden, der wegen einer erfolgreichen Schlagzeile so tut, als stünden wir unmittelbar vor dem Zusammenbruch des Landes oder vor dem Dritten Weltkrieg." Zeh lebt seit Jahren in Brandenburg in einem Dorf mit hohem Anteil an AfD-Wählern. Sie sieht das Versagen der liberaldemokratischen Parteien als Grund für die große Zustimmung zur AfD. "Die Leute haben nicht das geringste Vertrauen in die herkömmlichen Parteien, weil es an allen Ecken und Enden an der simplen Grundversorgung fehlt: Bildung, Mobilität, Gesundheit, Pflege, bezahlbarer Wohnraum", sagte Zeh. Der einzige Hebel, um Rechtspopulisten beizukommen, sei "Politik, die wirklich konkrete Probleme adressiert und dadurch das Misstrauen auflöst".